Fremdheit gehört zum Leben. Doch Fremdheitsgefühle sind unterschiedlich ausgeprägt. Ich stelle Ihnen zwei wichtige Erkenntnisse vor. So verstehen Sie Fremde besser.
Warum finden die Einen etwas fremd und die Anderen nicht?
Dafür gibt es eine einfache Erklärung.
Unbekanntes ist mir fremd!
Das klingt sehr einfach, da steckt jedoch mehr dahinter als vermutet. Ich selbst habe es erlebt.Suchend nach den Straßennamen haste ich an einem Montag zwischen Häusern hindurch und engen Gassen entlang. Mein Handy hilft mir nicht. Der Akku ist vom stundenlangen Suchen leer. Meine innere Unruhe navigiert mich zu schrecklichen und furchtsamen Gedanken. Verdammt, wann bin ich endlich da? Ich bin unzuverlässig! Abwertende Augen starren auf mich, so eine Blamage. Mein Herz schlägt aufgeregt.
Der Blick auf die Uhr sagt: 45 Minuten zu spät. Es beginnt! Hilfe, ich bin zu spät. Ich renne weiter und verirre mich zwischen den Straßen. Keine Menschenseele in der Nähe. Hier muss es sein! Verzweifelt und mit Tränen in den Augen entdecke ich eine ältere Frau und frage. Sie hebt die Schultern und … schlurfte weiter. Der Schweiß läuft mir den Rücken herunter. Endlich entdecke ich erleichtert lächelnd die gesuchte Zahl auf einer Toreinfahrt. Geschafft: Das internationale Meeting habe ich mit einer riesigen Verspätung erreicht. Ich durchkämmte das Zentrum von Paris und kannte nur ein einziges französisches Wort: „Merci“.
Fremd kann uns eine unbekannte Person, eine unentdeckte Stadt, ein großes Waldgebiet, das Meer oder eine gegensätzliche Meinung sein.
Fremd hat einen Bruder, und der nennt sich Angst. Beide weichen nicht von unserer Seite, bleiben zusammen und begleiten uns auf Schritt und Tritt.
Sie verabschieden sich erst, wenn wir bekanntes Terrain betreten. Sie fliehen beim Anblick von Sicherheit.
Doch Vorsicht, beide verstecken sich hinter Häusern, Bäumen, Sträucher, unter Betten oder in Zimmern. Passen wir nicht auf, haften sie sich blitzschnell wieder an unsere Fersen. Unbekanntes, Anonymes, Namenloses ziehen sie magisch an.
Diese zwei wirklich gute Erkenntnisse über FREMDE helfen weiter
- Die Fremdheit ist keine feste Eigenschaft, sie setzt immer einen Anderen oder ein Anderes voraus.
Will Fremdheit überleben, benötigt sie unvertrautes, unbekanntes Gebiet. Alltägliches interessiert sie nicht. Sie giert nach Neuem, nach Abenteuern und Ereignissen, und das ist gut so.
- Fremdheit existiert nur durch den Blick des Betrachters.
Habe ich Angst, so gehört sie mir und nicht meinem Nachbarn. Vielleicht kennt er das mir unbekannte Stückchen Wald. Selbstsicher und fröhlich spaziert er zwischen den Bäumen, während die Furcht mich zum Zittern treibt und Schweißausbrüche erzeugt. Ich bin die Beute der Angst und Fremdheit und nicht er.
Jedes Mal, wenn wir etwas als „fremd“ bezeichnen, beinhaltet dies automatische eine Aussage über das Eigene, also über uns.
Wenige Menschen sind sich bewusst: Wenn sie jemanden als „fremd“ bezeichnen oder empfinden, offenbaren sie gleichzeitig etwas über sich selbst und ihre Beziehung zum „Fremden“ .
FAZIT: Fremdheit stellt ein lösbares persönliches Defizit dar. Das Defizit sollte wissbegierig auf Neues und Unbekanntes machen. Das Fremde in kleinen Schritten zu erkunden mildert das ungute Gefühl. Und jede Bewegung nach vorn fördert das eigene Vertrauen. Wir sind mutiger und glauben an unsere Fähigkeiten. So wird die gewünschte Sicherheit erzielt.